Nauroy (siehe Google maps)

Vor 1914
Landwirtschaftliches Dorf zwischen Beine und Pontfaverger.
Bei der Volkszählung 1901 gab es 110 Einwohner.
Es gibt eine Kirche, ein Rathaus sowie eine Schule und 45 Häuser.

Die deutsche Besatzung
September 1914: Rückzug der Deutschen nach der ersten Schlacht an der Marne.
     Die Front stabilisiert sich entlang der alten Römerstraße, südlich der Monts de Champagne.
Oktober 1914: sechzehn Männer aus Nauroy werden als zivile Gefangene nach Deutschland deportiert.
Mai 1915: Evakuierung der letzten Bewohner in die Ardennen.

Familien vor der Kapelle

 

Nach dem Konflikt

Vier Jahre lang hatte das Dorf unter unaufhörlichem Granatenbeschuss gelitten.

Im Jahre 1919 wurde beschlossen, Nauroy nicht wieder aufzubauen.
Das Gebiet wird als "Rote Zone" eingestuft und vom französischen Staat gekauft.

Im 1926 beschlossen einige Familien, eine Kapelle zu finanzieren, um dem zerstörten Dorf zu huldigen.

Frau Griselda Chamelot-Le Roux bezeugt das Leben der wenigen Zivilisten, die in Nauroy blieben, um ihr Eigentum zu schützen:
"Als die Deutschen ankamen, lebten meine Mutter, meine Großmutter und die ganze Familie auf dem Bauernhof. Die Deutschen besetzen das Haus und bringen alle im Dorf verbliebenen Arbeitsfähigen zusammen. Sie bringen meinen Großvater als zivilen Gefangenen nach Deutschland, wo er die 4 Jahre bis 1918 bleibt.
Mein Urgroßvater, meine Mutter und meine Großmutter arbeiten auf den Feldern, bewacht von den mit Maschinengewehren bewaffneten Deutschen. Die Deutschen leben in einem Raum des Hauses. Ein Cantiniere bereitet Mahlzeiten in der Küche des Hauses vor. Dies dauert mehrere Monate bis die deutsche Armee die Bevölkerung  nach Poix-Terron in den Ardennen bringt, wo sie bis zum Ende des Krieges 1918 bleibt.

Nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 wollen die Bewohner von Nauroy ihr Land wieder in Besitz nehmen und die immensen Kriegsschäden beseitigen. Einige übernehmen Bauernhöfe im benachbarten Beine wieder. Aber mein Großvater, traumatisiert von seiner Haft in Deutschland und entmutigt durch das Ausmaß der Zerstörung, nicht. Er will nicht nach Nauroy zurückkehren, und arbeitet zuerst in der Nähe von Reims auf einem Bauernhof und übernimmt dann eine Filiale von Comptoirs Français in Reims.

Die Front ist sehr nahe, meine 9-jährige Mutter bleibt traumatisiert von den Schreien der Soldaten, die man bis zum Bauernhof hören kann, die Verletzten türmen sich im Hof . Die Soldaten werden unter Drogen gesetzt mit Äther, damit sie die Kraft finden für den Kampf auf Leben und Tod, der oft mit dem blanken Messer geführt wird. Sie spricht nie wieder darüber, aber diese Erinnerungen kehren in ihren Träumen zurück "

Rede von Édouard Pellot,
Landwirt in Beine-Nauroy anlässlich der Gedenkfeierlichkeiten zum "Centenaire Nauroy - Mont Cornillet"

Sei meinen ersten Aufenthalten in Nauroy in meiner Kindheit war es das Aussehen des Geländes, das mir am meisten auffiel: diese Unmenge an Trichtern und Erdhaufen, die in meinen Augen völlig unnatürlich waren. Später erfuhr ich dann, dass diese Landschaft durch Bombeneinschläge gezeichnet war.

Nach unserem Umzug nach Beine interessierte mich die örtliche Geschichte zunächst wegen dem, was sie in der Landschaft hinterlassen hatte. Ich erinnere mich noch daran, dass ich mich mit meinem Bruder nach der Schule damit amüsierte, beispielsweise das zu verbrennen, was wir damals „Spaghetti" nannten: die langen, dünnen Treibladungszünder aus den Granathülsen, die unser Landarbeiter uns von den Feldern mitbrachte.

In den Schulferien lasen wir Steine von den Äckern auf und wir zeigten Ihm dann auch immer unsere anderen Funde, damit er uns erklären konnte, was es zum Beispiel mit den unterschiedlichen Zündern von Granaten auf sich hatte. Das war dann auch der Grund, warum ich begann, mich für den 1. Weltkrieg und insbesondere die Kämpfe um die Monts de Champagne zu Interessieren. Durch die Gespräche mit Kriegsteilnehmern und die zufälligen Funde im Gelände begeisterte ich mich immer mehr für das Thema des Weltkriegs und seiner Hinterlassenschaften, die ich eine zeitlang sogar regelrecht sammelte.

Inzwischen haben sich meine Lebensumstände und meine Ziele verändert; ich bin selbst Landwirt geworden und ich sehe heute viel klarer, welche Folgen der Krieg In den Feldern hinterlassen hat. Auch wenn sich vieles verbessert hat seit das Land wieder landwirtschaftlich genutzt wird, so waren die Felder doch damals völlig verändert und übersät mit Blindgängern, Stacheldrahtresten und anderen Hinterlassenschaften des Kriegs: die Bestellung der Felder war nicht ungefährlich, mein Vater war mehrmals in Todesgefahr und einer seiner Arbeiter kam ums Leben. Inzwischen sind die Äcker nicht mehr so verseucht, aber es vergeht kein Jahr, ohne dass Landmaschinen durch Explosionen zum Stehen kommen und wo nicht viel fehlt, um das Getreide in Brand zu setzen.

Das ändert aber nichts daran, dass ich mich immer noch sehr für die lokale Geschichte interessiere: das Ist schließlich meine Umwelt ich arbeite am Fuß des Mont Cornillet und des Mont Blond. Überdies hört man täglich (oder fast täglich) das Schießen der Soldaten, die auf dem Truppenübungsplatz des Mont Comillet üben. Diese beiden Dinge (die akustischen und die optischen) zusammen-genommen sind es, die mich auf meine Welse an die erbitterten Kämpfe erinnern, die sich hier abgespielt haben.

Bildquellen

Les Amis de Nauroy

La contemporaine, Digitale Bibliothek der Université de Paris Nanterre